Nach einem Gespräch mit einem Nachbarn muss ich nochmal auf die Calwer Straße zurückkommen. Der Nachbar ist seit jeher Böblinger und kennt noch die Wolfgang-Brumme-Zeiten, soviel ich weiß auch „Betonbürgermeister“ genannt — vielleicht weiß die Leserschaft ja mehr. Der Nachbar lobte den damaligen Beschluss, mitten durch die Stadt eine 4-spurige Straße zu bauen. Was damals scheinbar richtig war, ist nach heutigen Maßstäben um so verkehrter.
Diese dicken Verkehrsadern mitten durch die Stadt sorgen dafür, dass immer mehr Wege innerhalb der Stadt mit dem Auto zurückgelegt werden. Dabei muss es genau andersherum laufen: Klimaschädliche Mobilität muss durch Umwege bestraft werden. Kurze und direkte Wege zu Fuß oder mit dem Fahrrad, umständliche Wege für das Auto. Dieses Konzept wurde zum Beispiel in Groningen mit Erfolg umgesetzt. Die ganze Innenstadt ist autofrei, abgesehen von ein paar deutschen Touristen, die das Konzept nicht verstehen.
Oder wie es „copenhagenize“ auf einen Punkt gebracht hat:
Zur Hulb gibt es weiterhin eine Abbiegespur. Natürlich kann es für Hulbbesucher und Reisende nach Dagersheim etwas länger dauern, da nur eine Geradeausspur zur Verfügung steht, aber es gibt inzwischen 3 unterschiedliche Wege, um nach Dagersheim zu gelangen. Ein Blick auf Google Maps verrät, welcher zum aktuellen Zeitpunkt der schnellste ist:
Mit der neuen Calwer Straße ist es für Radler deutlich einladender, die Hulb anzusteuern. Für Autofahrende mag es etwas länger dauern, aber warum sollte man klimaschädliche Mobilität weiterhin belohnen?
Der gleiche Ansatz ist bei der künftigen Verkehrsführung zum Elbenplatz zu sehen. Vom Postplatz aus wird man nun über die Friseur-Keller-Kreuzung geleitet. Ein kleiner Umweg, aber dafür wird der Elbenplatz für Radelnde richtig gut: Klare Verkehrsführung, direkte Verbindungen. Das muss sich eine moderne Stadt leisten. Und in einer modernen Stadt dürfen Wege für Autos ruhig mal etwas umständlicher sein. Der Schwerpunkt vom Auto hin zu anderen Verkehrsmitteln verschiebt sich gerade, und das ist gut so. Groningen macht es vor.