Der Deutschlandfunk interviewt Hannelore Schaffner über die deutsche Innenstadt. Hannelore Schaffner hat unter anderem das Buch „Die City. Straßenleben in der geplanten Stadt“ verfasst, in dem sie die Entwicklung der Städte beschreibt und analysiert.
Sie beklagt in dem Interview die Vereinheitlichung der City – viele Städte in Deutschland sehen mehr oder weniger gleich aus. Sie werden nicht für Menschen attraktiv gestaltet, sondern für Investoren.
Auch wir Böblinger sind von dieser Entwicklung nicht ausgenommen. Der SWR beleuchtet in einem Beitrag die Errichtung von Kaufzentren in der Region, unter ihnen auch die Böblinger Mercaden.
Im SWR-Beitrag wird auch erwähnt, dass das Geld durch die Mercaden in der Region bleibt. Das darf aber bezweifelt werden, denn es finden sich vorwiegend große Ketten, die ihr Geld sonst wo versteuern. Einzig in der Region bleibt das Gehalt des Personals, was sicher nicht allzu üppig ist.
Für die Mercaden hat sich die Stadt mächtig ins Zeug gelegt, einen überdimensionierten Kreisverkehr zwischen MöMax und Mercaden gebaut und die Radwegführung drum herum als Hindernisparcours gestaltet – einige Punkte sind auf dieser Seite unter „Ärgernisse“ zu sehen. Alles, nur um dem Auto die Vorfahrt zu geben.
Aber, mal ehrlich, wer sich ins Auto setzt, um Einkaufen zu fahren, der scheut sicher nicht den kleinen Umweg zum Breuningerland, das mit deutlich mehr Geschäften, größerer Vielfalt und kostenfreien Parkplätzen lockt.
Ich möchte die Mercaden nicht schlechtreden, aber wäre es nicht sinnvoller gewesen, auf die lokale Kundschaft zu setzen anstatt das Auto zu bevorzugen? Die sehr zentral gelegenen Mercaden sind doch gerade zu prädestiniert für Fußgänger und Radfahrer.
Wer aus dem Umland soll denn die Mercaden aufsuchen? Selbst die Schönaicher haben über die Panzerstraße zum Breuningerland einen kürzeren Weg als in die Böblinger Innenstadt. Wer über die A81 fährt – egal von Norden oder Süden -, wird das Breuningerland favorisieren. Auch die Holzgerlinger und Altdorfer sind über die neue Umgehungsstraße bestens an die Autobahn angebunden, sodass die Mercaden wunderbar umgangen werden können.
Mit dieser Ausgangssituation werden es die Mercaden schwer haben, da sie genau das „autofahrende“ Publikum hofieren, das sie nicht erreichen können. Laut SWR-Beitrag lassen Autofahrer mehr Geld in den Geschäften liegen als Fußgänger oder Radfahrer. Das gilt aber nur für Leute, die gezielt einen größeren Einkauf tätigen. Und – wie eben dargelegt – wird genau diese Kundschaft zur Sindelfinger Konkurrenz fahren. Insgesamt sind nämlich Fußgänger und Radfahrer spendabler, da sie zwar weniger, aber öfter einkaufen (siehe hier). Auf dieser Homepage wurde schon mehrfach angesprochen, dass die Mercaden keinen einzigen Parkplatz für Fahrräder vorgesehen haben. Ein Bekannter von mir wurde sogar verjagt, als er auf dem Parkplatz sein Fahrrad abstellen wollte.
Das Parkhaus: es gibt bereits Gerüchte, dass es zu groß ist und dass man versucht, die Parkplätze anderweitig zu vermieten. Zum einen kein Wunder, zum anderen ist es ärgerlich, da die Kosten auf alle Kunden umgelegt werden, die aber nicht immer mit dem Auto kommen. Ergo zahlen auch Fußgänger und Radfahrer für das zu große Parkhaus. Durch die hohen Fixkosten sind die Geschäfte weniger flexibel und weniger attraktiv bei der Preisgestaltung.
Immerhin haben die Böblinger eine Fußgängerzone bekommen. Vielleicht siedeln sich hier noch ein paar weitere attraktive Geschäfte an, die zum Bummeln (nicht Drive-In!) einladen.
J.S.